de:do denkste:<i> puppe</i>
denkste: puppe / just a bit of: doll | Bd.1 Nr.1 (2018) | Rubrik: Fokus


Puppen und Teddybären in österreichischen Kinderzeitschriften in unsicheren Zeiten

Susanne Blumesberger



Focus: puppen in bedrohungsszenarien
Focus: dolls/puppets in threat scenarios



Abstract:
Der Beitrag geht der Frage nach, ob und wenn ja, in welcher Form Puppen und Teddybären in politisch und wirtschaftlich unsicheren Zeiten in Kinderzeitschriften dargestellt werden. Im 20. Jahrhundert zählen in Österreich dazu vor allem die Zeit der Weltkriege bzw. die Zwischenkriegszeit und die Jahre nach 1945. Für die Untersuchung wurden exemplarisch einige der populären österreichischen Kinderzeitschriften herangezogen. Obwohl Kinderzeitschriften in diesen Jahren sehr verbreitet waren und zum Teil auch große Auflagen erreichten, steht eine systematische Erforschung derzeit noch aus.

Schlagworte: Österreichische Kinderzeitschriften; Puppe; Teddybär; Erziehung

Abstract:
The contribution addresses the questions if, and in which forms dolls and teddy bears are represented in magazines for children during times of political and economical instability. In 20th century Austria, such times not only include the two world wars, but also the periods between and the years following 1945. For the present study, selected examples taken from popular Austrian children‘s magazines were used. Although magazines for children were very popular during these periods with some having large distributions, a systematic exploration remains to be undertaken.

Keywords: Austrian children‘s magazines, doll, teddy bear, child rearing

Zitationsvorschlag: Blumesberger, S. Puppen Und Teddybären in österreichischen Kinderzeitschriften in Unsicheren Zeiten. de:do 2018, 1, 46-53. DOI: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:467-13212

Copyright: Susanne Blumesberger. Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International. (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de).

DOI: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:467-13212

Veröffentlicht am: 17.05.2018

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Kinderzeitschriften in Vorkriegs- und Kriegszeiten (1920er bis 1940er Jahre)

In Österreich entstanden in den 1920er Jahren viele Zeitschriften für Kinder und Jugendliche, unter ihnen einige Werbezeitungen, die von unterschiedlichen Geschäften kostenlos an Kinder verteilt wurden. In diesen politisch und wirtschaftlich instabilen Zeiten hatten sie das Ziel, über die Kinder möglichst früh eine Kundenbindung zu erreichen. Dafür wurden – trotz ökonomischer Engpässe – die Zeitschriften so hochwertig, attraktiv und spannend wie möglich gestaltet. 1924 wurde zum Beispiel Der kleine Coco eingeführt, eine Zeitschrift, die zu jeder Packung Margarine „Rahma“, später „Rama“, kostenlos mitgegeben wurde. Dem Verlag Steinsberg gelang es sogar, gleich mit drei Kinderzeitschriften, dem Schmetterling, dem Papagei und dem Kiebitz, erfolgreich zu sein, wobei der Unterhaltungswert dabei eindeutig im Vordergrund stand. Dabei wurde Der Schmetterling (später Schmetterling) von 1926 bis 1941 halbmonatlich herausgegeben. Die Zeitschrift erschien anfangs bei Hellmut Mielke & Co, Inh. Hans Steinsberg, ab der Ausgabe 22/1934 dann unter dem neuen Verlagsnamen Service Zeitungsverlag. A.G., Glarus Gb. Die hier interessierende Frage nach dem Stellenwert von Puppen (und Teddybären) in diesen Kinderzeitschriften, machte deutlich, dass den Mädchen wie selbstverständlich Puppen zugeordnet wurden bzw. davon ausgegangen wurde, dass Puppen als Identifikationsfiguren fungieren:

Der schlimme Paul ist mit seinem roten Auto viel zu schnell dahergesaust. Er konnte nicht mehr anhalten, als er Trude mit ihrem Puppenwagen die Straße überqueren sah. Im nächsten Augenblick geschah das Unglück. Trudes Puppenwagen wurde umgestoßen, die arme Puppe herausgeschleudert. Aber da war auch schon Kurt, der Verkehrsschutzmann, zur Stelle und schrieb die Nummer von Pauls Auto auf, um ihn der verdienten Strafe zuzuführen (Der Schmetterling 1926, Titelblatt, zweites Septemberheft).

Solche Geschichten wurden in den Zeitschriften oft zur Warnung eingesetzt, um Kinder auf mögliche Gefahren in ihrer Umwelt aufmerksam zu machen. Die Botschaft lautete: Die herausgeschleuderte Puppe steht für das Kleinkind, das im Straßenverkehr gefährdet ist und der besonderen Aufmerksamkeit seiner „Mutter“ Trude bedarf. Aber: solche Übeltäter werden auch verfolgt und wahrscheinlich bestraft, zum Beispiel vom zuverlässigen „Verkehrsschutzmann“ Kurt. Dabei geht es nicht nur um die Aufmerksamkeit gegenüber Gefahren, sondern auch um kindliches Spiel, das nach traditionellen Geschlechterrollen abläuft. So findet sich im selben Heft eine typische Szene, die eingeleitet wird mit „Ein altbewährtes Sprichwort sagt: ‚nach getaner Arbeit ist gut ruh’n“ und folgendermaßen beschrieben wird: Fritz und Gretchen haben bereits fein säuberlich ihre Hausaufgaben erledigt und freuen sich mit gutem Gewissen am Spiel mit Reifen und Puppe. Die zugehörige Abbildung zeigt das Mädchen mit der Puppe im Arm und den Jungen mit dem Reifen (ebd., 3).
Auch in den Zuschriften an die Redaktion ist die enge Verbundenheit von Mädchen mit ihren Puppen ein wiederkehrendes Thema. So erhält Klein Ricke in der Rubrik „Der Briefkasten“ folgende Antwort auf ihre Frage nach einem Namen für ihre Puppe:

Der ‚Schmetterling‘ soll dir raten, wie du deine Puppe benennen sollst? Ja, da müßte ich zuerst wissen, wie sie aussieht, was sie für Haare und Augen hat und ob sie lange Haare hat oder schon einen Bubikopf trägt. Ist sie blond und blauäugig, dann wäre Kriemhilde nicht schlecht, aber auch Ännchen würde es tun. Ist sie braun - oder grauäugig, dann nenne sie getrost Brunhilde oder - Mieze. Oder ist sie gar schwarz und mit braunen Augen zur Welt gekommen, so nenne sie Salome oder einfach Ricke wie du. Nun hast du ja genug Auswahl (Der Schmetterling 1926, erstes Dezemberheft, 11).

Diese Passage zeigt, wie wichtig den Kindern die Zeitschriften als Möglichkeit für Kommunikation und Fragen waren, denn so etwas wie die Namensgebung der Puppe ist für die meisten Mädchen in der Regel eine ernsthafte Angelegenheit. Darüber hinaus wird aber auch deutlich, dass es neben den traditionellen Erziehungsinstitutionen wie dem Elternhaus und der Schule mit den Kinderzeitschriften ein neues Medium gab, an das sich Kinder bei Fragen wenden konnten und das umgekehrt dann in den Antworten auf Kinder einwirkte. Bei den hier von den Kindern gestellten Fragen an die „Briefkastentanten und Briefkastenonkel“, zeigt sich, dass es durchaus eine gewisse Vertrauensbasis gab. Gleichzeitig offenbart sich aber auch, dass es darum ging, den Kindern in diesen unübersichtlichen Zeiten Identifikationsangebote zu machen: Sei es als Verbundenheit mit dem Nibelungenlied oder mit anderen „Heldenfiguren“. Darüber hinaus sieht man in der Antwort auf diese kindliche Leserzuschrift, dass schon kleinen Mädchen ein gewisses Modebild vermittelt wurde, wenn beispielsweise gefragt wird, ob die Puppe „schon einen Bubikopf“ trage.
Andererseits zeigte sich auch die Widersprüchlichkeit der kindlichen Lebenswelten, zwischen einerseits dem Wunsch nach Harmonie und Vertrautheit und andererseits der Erfahrung von Angst, Kummer, Krieg und Verlust. So gibt es Textbeiträge, die versuchen, den Kindern dieses Hin- und Hergerissensein in Geschichten zu verpacken, die zeigen, dass Menschen gerne versuchen, mehr zu scheinen als sie wirklich sind. So „darf“ unter dem Weihnachtsbaum die Puppe nicht fehlen. Aber in „Die Geschichte vom Tannenbaum“ erzählt Arthur Anders eben auch von menschlichen Fehlern, vom Bedürfnis nach Größe und Bedeutung und von Scham und Reue, wenn man glaubt, bei seiner „Angeberei“ entdeckt worden zu sein:

Unter dem Tannenbäumchen aber saß die Puppe Lisbeth mit den dicken roten Backen und sah hinauf zu dem Marzipansoldaten. Wie sich der bewundert fühlte, stieg er gleich vom Pferde und setzte sich zu der Puppe. Und fing, wie jeder Soldat, laut zu erzählen an. Von seinen Kameraden und daß er schon in einer Schlacht gewesen sei, hoch oben in Rußland und große Taten vollbracht habe. Und wie er so weiter erzählt, bläst oben der Wachsengel auf einmal in sein Silberhörnchen. Da fängt der Soldat ängstlich zu stottern an, schielt hinauf zu dem Engel und sagt dann zu der Puppe: ‚Ach liebes Fräulein Puppe, ich - hab‘ gelogen, ich war noch gar nicht in einer Schlacht und weiß alles nur von einem alten Zeitungspapier, in dem ich eingewickelt war. Bitte sind Sie nicht böse zu mir.‘ Und die Puppe verzieh ihm und er durfte ihr dann vor dem Abschied sogar die Hand küssen (Der Schmetterling 1926, zweites Dezemberheft, 3).

Auf dem zugehörigen Bild ist auch ein Teddy zu sehen, der anders als die sorgfältig und schön gezeichnete Puppe nicht so abstrahiert perfekt schön ausgeführt wird. In der Kontrastierung von „realistischem“ Teddy und dem Marzipansoldaten, spiegeln sich in dieser kurzen Geschichte in gewisser Weise die kindlichen Hoffnungen und realen Verluste und Niederlagen des Ersten Weltkrieg wider. Die Kritik, die der Engel mit seinem Silberhörnchen dem Marzipansoldaten entgegenbringt, darf möglicherweise nur in dieser Konstellation ausgesprochen werden – mittels stellvertretender Figuren.
Eine ganz andere Geschichte ist wiederum „Der erste Rauchversuch“. Hier raucht ein Junge – verbotenerweise – die Pfeife seines Vaters, woraufhin ihm sehr übel wird. Begleitet wird er bei dieser Erfahrung von einem Teddy. Die Botschaft: es geht um Abschreckung und darum, gewarnt zu werden, etwas Verbotenes zu tun. Aber es geht in gewisser Weise auch darum, dass der Teddy den Jungen dabei begleitet und insofern ein heimlich tolerierender Mitwisser ist (Der Schmetterling 1926, zweites Oktoberheft, 5).
Auch die oben bereits erwähnte Zeitschrift Der lustige Kiebitz (ab dem zweiten Juniheft 1931 Kiebitz) wurde ebenfalls im Wiener Verlag Hellmuth Mielke & Co 1930-1941 herausgegeben. Sie hatte einen Umfang von 16 Seiten und erschienen zweimal im Monat. 1931, in der zweiten Ausgabe der ‚bunten‘ Zeitschrift, wurden den Leserinnen unter dem Titel „Das Reich der kleinen Hausfrau“ nicht nur Kochrezepte angeboten, die sich die „Mädels“ angeblich durch Briefzuschriften selbst gewünscht hatten, sondern auch eine typische Bastelei für Mädchen, die mit den folgenden Worten angekündigt wurde:

[…]. Und Felizitas wartete auch noch auf uns. Sie ist nämlich eine ausgezeichnete Tänzerin und soll bei einem Tanzabend in verschiedenen fantasievollen Kostümen mitwirken. Mit so einem Mädchen hat man doch wirklich Arbeit. Bitte, schneidet ihr doch bald die Tanzkostüme aus, sonst stört sie uns in ihrer Ungeduld womöglich noch beim Kochen“ (Kiebitz 1931, 11).

Neben der mit einem Unterhemd bekleideten Puppe, die ausgeschnitten werden sollte, sieht man noch ein kurzes und ein langes Kleid sowie eine Blumengirlande für die Haare, die, ebenfalls ausgeschnitten, der Puppe angezogen werden konnte. In den weiteren Ausgaben folgten je nach Jahreszeit unterschiedliche Figuren zum Ausschneiden, z. B. Ende Jänner ein Maskenballkostüm. Im ersten Augustheft 1931 wurde beispielsweise ein so genanntes „Mohrchen“1 mit Kraushaar, wulstigen Lippen und einem Ring im Ohr gebastelt. Der Einsatz von „Mohren“ scheint vor allem in den 1920er Jahren beliebt gewesen zu sein. Erinnert sei in diesem Zusammenhang beispielsweise an die österreichische Kaffeefirma Julius Meinl, die ab 1924 mit einer schwarzen Figur, als Hotelpage gekleidet, Exotik und Weltoffenheit vermitteln wollte. Auch die Süßspeisen „Mohr im Hemd“ und „Mohrenkopf“ hatten in den 1920er Jahren Konjunktur. So gab es ohnehin in Kinderbüchern eine lange Tradition der Thematisierung des „Mohren“ (siehe zum Beispiel beim Struwwelpeter). Abgesehen von diesen Bezügen zu den damals angesagten Figuren in den so genannten „Goldenen Zwanzigerjahren“, war es für die Kinderzeitschriften wichtig, das Interesse der jungen Leserinnen und Leser wach zu halten. Dies gelang, indem die nachfolgenden Geschichten, die Kochrezepte, Basteleien, Anweisungen für weitere Püppchen zum Ausschneiden usw. rechtzeitig vorab angekündigt wurden.2
Meist handelte es sich um weibliche Figuren, denen verschiedene Kleider und Accessoires beigegeben wurden. Wie wichtig den Mädchen ihre Puppen waren, zeigten dabei vor allem die Geschichten der Leserinnen und Leser, die unter der Rubrik „Was wir zeichnen und dichten“ abgedruckt wurden. So schrieb die zehnjährige „Lies. Kronenberger“ aus Mainz unter dem Titel „Die verlorene Puppe“:

Es war einmal ein kleines Mädchen, das Friedel hieß. Friedels Eltern waren den ganzen Tag auf dem Feld. Manchmal durfte Friedel mitgehen. Als Friedel nun einmal auf dem Feld war, verlor sie ihre Puppe. Alle suchten, aber niemand fand sie. Friedl weinte tagelang. Als Friedel eines Tages traurig in der Puppenecke saß, kam ihr Vater und brachte das verlorene Puppenkind. Er hatte es im Felde gefunden. Friedel war selig und weinte vor Freude (Kiebitz 1931, erstes Augustheft, 3).

Dass Teddys und Puppen ständige Begleiter der Mädchen waren, sah man auch an den Bildern, die die Leserinnen an die Redaktion schickten. So sind sie oft mit Puppe(n), Puppenwagen oder Teddy abgebildet, unter anderem bei der Präsentation der Siegerinnen eines aus heutiger Sicht etwas fragwürdigen Schönheitswettbewerbes (Kiebitz 1931, zweites Novemberheft, 6).
Unter dem Namen Der Teddybär (ursprünglich Der Pelikan) erschien eine weitere Kinder- und Jugendzeitschrift in den Zwischenkriegsjahren von 1930 bis 1934, die den Untertitel „Die heitere Illustrierte für unsere Jugend“ trug. Verleger war der Mamut-Zeitungsverlag L. Beck & Sohn, Wien, der auch die Zeitschriften Der liebe Augustin und Schnick Schnack herausgab. Mitte der dreißiger Jahre wurde der Verlag in wirtschaftliche Schwierigkeiten getrieben und 1938 schließlich „arisiert“ (Heller 2008, 403). In der Ausgabe vom 20. Juni 1931 sieht man auf der ersten Seite die Zeichnung eines Pelikans und eines Bären, die sich umarmen, versehen mit der folgenden Unterschrift: „Pelikan und Teddybär nehmen gerührt Abschied voneinander, der Pelikan geht – es lebe der Teddybär“:

Liebe Kinder! Ihr seht einen großen Moment verewigt: Der Pelikan, das Sinnbild unserer lustigen Zeitschrift, macht einem niedlichen Teddybären Platz und verabschiedet sich herzlich von ihm. Wißt Ihr was das bedeutet? Eure Lieblingszeitschrift soll von nun an ‚Der Teddybär‘ heißen, und zwar aus folgendem Grunde: Die Farbenfabrik Günther Wagner stellt nämlich Pelikan-Tinten, -Tuschen, -Farbkasten, -Pastell- und Ölkreiden her mit dieser Schutzmarke, verwendet also denselben Namen, wodurch Verwechslungen entstehen könnten. Wir hätten euch gerne zur Tauffeier eingeladen, aber das ging leider nicht, deshalb haben wir als Ersatz ein großes Preisausschreiben veranstaltet: Ihr sollt das nebenstehende Bild, das den feierlichen Abschied darstellt und euch den niedlichen kleinen Teddybär, das neue Sinnbild Eurer Lieblingszeitschrift, zum ersten Male im Bilde zeigt, recht bunt ausmalen und uns einsenden. Wer die schönste Arbeit liefert, erhält einen wunderschönen, nämlich den ersten Preis, die neun nächstbesten Arbeiten erhalten den zweiten bis zehnten Preis (ebd., 3).

Den Gewinnerinnen und Gewinnern dieses Preisausschreibens wurden Produkte der Firma Pelikan sowie Bargeld versprochen, allerdings nur unter der Bedingung, dass zum Malen Produkte dieser Firma zu verwenden seien. Im nächsten Heft wurde die Aufforderung, sich am Preisausschreiben zu beteiligen, wiederholt. Das zugehörige Bild zeigt ein Haus, von dem drei weinende Pelikane das Schild mit der Aufschrift „Pelikan“ wegtragen und drei Bären das Schild „Teddybär“ unter dem Dach anbringen, wobei ein zufriedener vierter Bär aus der Dachluke zuschaut.
Auch Der Teddybär war eine kostenlose, 16 Seiten umfassende Werbekinderzeitschrift, die 24 Mal im Jahr erschien. In der Ausgabe vom 5. August 1931 findet sich die „August-Preisaufgabe“ mit drei Bildern. Im ersten Bild sieht man einen Teddybären, der ein Glas mit der Aufschrift „Jam“ entdeckt, im zweiten Bild sieht sich der Bär um, ob ihn auch niemand sehen kann und im dritten Bild sieht man seine Schnauze schon tief im Glas. Das vierte Bild ist leer. Darunter steht:

Einer unserer Zeichner, beauftragt, einen lustigen Teddybären-Bilderbogen zu zeichnen, brachte uns unmittelbar, bevor dieses Heft in Druck ging, den Bilderbogen, den ihr hier seht. Er habe tagelang nachgedacht, entschuldigte er sich, aber ihm sei ein viertes Bild zu diesem Bilderbogen nicht eingefallen. Wir meinten natürlich, wir könnten doch mit einem unfertigen Bilderbogen nichts anfangen, aber er wendete ein: „Unsere jungen Leser sind ja selbst so klug, daß sie das vierte Bild gar nicht brauchen; das erfinden sie sich selbst! (ebd., 7).

Der Teddy stellte damit stellvertretend ein ungehorsames Kind dar, das darauf achtgab, bei seinem verbotenen Tun nicht gesehen zu werden.
Auch in dieser Zeitschrift gab es Puppen als Ausschneidepuppe und es begann die Bildergeschichte von Piz und Pez, das heißt von einem Jungen (Piz) und einem Teddybären (Pez), wobei sich letzterer immer wieder Streiche ausdenkt. In der Ausgabe vom 20. Dezember 1931 schneidet Pez beispielsweise beim Tauziehen zwischen zwei Buben einfach das Tau in der Mitte durch, in der Ausgabe vom 5. Oktober jongliert er mit rohen Eiern und produziert das entsprechende Ergebnis. In der Nummer 37 des zweiten Jahrgangs vom 20. Oktober 1931 sieht man, wie Pez einen Farbeimer so platziert, dass Piz durch das Betreten eines Bretts über und über voll Farbe gespritzt wird (ebd., 13). Der Teddybär wird in dieser Zeitschrift nicht nur als Spielzeug betrachtet, sondern nimmt sowohl den Platz eines lustig-frechen Spielkameraden ein, wie beispielsweise in der Serie Piz und Pez, wie auch als Gegner im Sport. Auf dem Titelbild der Ausgabe vom 5. November 1931 sieht man einen Boxring mit einem lächelnden Gewinner und im Hintergrund einen weinenden Teddybären. Die Bildunterschrift lautet:

Hier seht, der Teddy ist k.o.
Und Hänschen triumphiert.
Der Sieger lächelt stolz und froh, -
Klein Teddy wird massiert.

Auf dem Titelbild der Ausgabe vom 5. Dezember 1931 liefern Teddybären Geschenke aus. In derselben Ausgabe bringt ein Teddy mittels Flugzeug in der Weihnachtsnacht einem Forscher, der einsam in der Wüste sitzt, einen Christbaum. In der Ausgabe vom 20. Dezember 1931 schmücken auf dem Titelbild Teddybären den Christbaum. Die Figur des Teddybären und die Zeitschrift werden immer öfter synonym verwendet. So heißt es in der gleichen Ausgabe zum Beispiel „Der Teddybär gar traurig ist, wenn du zu holen ihn vergißt“ (ebd., 7). Der Teddy mit seinen menschlichen Zügen diente als Identifikationsfigur, über ihn lief die Identifikation mit der Zeitschrift, so dass eine enge Bindung zwischen Kindern und Teddy-Zeitschrift geschaffen wurde.
Waren die Teddybären-Geschichten eher auf Buben ausgerichtet, bot die Zeitschrift den Mädchen wiederum die bekannten Puppen-Ausschneidebögen an, sogar im Vier-Farbdruck. „Klein-Elschen“, die Papier-Puppe, wird je nach Jahreszeit unterschiedlich gekleidet: „Hier seht ihr eine besonders hübsche Ausstattung für unsere liebe Freundin Klein-Elschen. Ein einfaches, aber nettes Kleidchen, mit dazugehöriger Mütze, einen schönen Mantel für kühlere Tage, ja sogar einen Regenschirm für ganz schlechtes Wetter. Damit sich Klein-Elschen nicht langweilt, bekommt sie auch Puppen und allerlei Spielzeug“ (Der Teddybär 1931, 5. September, 12; vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Klein-Elschens Neue Kleider

Abbildung 1: „Klein-Elschens Neue Kleider“. Der Teddybär, 1931, 34, 5. September, 12.

Interessant ist hier, dass Puppen eine eigene Kategorie darstellten und von anderen Spielsachen unterschieden wurden, so dass die Bedeutung der Puppen für Mädchen noch einmal besonders hervorgehoben wurde.

Kinderzeitschriften in der Nachkriegszeit

Zum Vergleich mit den Zeitschriften in den politisch und wirtschaftlichen schwierigen Jahren zwischen den Kriegen sollen hier kurz noch ein paar Beispiele über die Rolle von Puppen und Teddybären in österreichischen Zeitschriften der Nachkriegszeit vorgestellt werden. Eine dieser damals sehr populären Zeitschriften war Unsere Zeitung (UZ). In dieser schwierigen Zeit des Zusammenbruchs findet sich in der Ausgabe vom 15. Jänner 1947 eine Aufbau-Geschichte, das heißt, eine recht komplexe Anleitung zum Bau eine Puppenhauses von Fritz Weber, dem Sohn der Kinderbuchautorin Lili Weber-Wehle, die für die UZ schrieb. Sie beginnt mit den folgenden Worten:

Heute will ich euch einmal erklären, wie man sich ein nettes Puppenhaus basteln kann. Zunächst brauchen wir eine feste Unterlage, am besten ein dicker Pappendeckel, wie man ihn als Ersatz für fehlende Fensterscheiben verwendet, noch besser natürlich eine 5 mm dicke Sperrholzplatte, doch werdet ihr die kaum bekommen können […] (UZ 1947, 15.01., 11).

Die Erklärung, welches Material als Unterlage gewählt werden soll, war wohl damals jedem Kind nach dem Krieg vertraut, vor allem in den Städten. Die Tatsache aber, dass der Autor darauf einging, wie schwierig das Kaufen einer Sperrholzplatte sei, verweist darauf, dass sich die UZ vor allem an ärmere Kinder richtete und die realen Lebensbedingungen der Kinder nicht aus den Augen verlor. Aber auch in der UZ finden sich die bekannten Themen zu Puppen und Kleidern zum Ausschneiden. In der Ausgabe vom 15. August 1946 erschien eine Bastelanleitung für Puppenmöbel und in der Ausgabe vom 1. September 1946 folgte in der Rubrik „Die Puppenschneiderin“ eine Anleitung, wie man ein Spielhöschen für die Puppe näht. Am 15. November 1946 wurde die Geschichte „Der Tedi“ des 13-jährigen Josef Höger unter der Überschrift „Ihr habt das Wort“ abgedruckt. Tedi nimmt Hänschen eines Nachts in das Tedi-Reich mit

Dort ist es wunderschön und es glänzt alles vor lauter Gold und Silber. Als Hänschen einen kleinen Hund mitnehmen will, donnert es. Hänschen landet etwas unsanft neben seinem Bett am Boden und Tedi sitzt im Bett und lacht (ebd.).

Das Streben nach Reichtum wird also bestraft, denn weder nach Gold, noch Silber oder nach sonstigen Besitztümern sollten die jungen Leserinnen und Leser der UZ streben. Die UZ wurde von der „Demokratischen Vereinigung Österreichs Kinder“ herausgegeben und im Verlag der Kommunistischen Partei Österreichs, dem Globus Verlag, verlegt. Auch diese Zeitschrift war hochwertig ausgestattet. Viele Beiträgerinnen, wie die später bekannten Kinderbuchautorinnen und -Illustratorinnen Friedl Hofbauer, Mira Lobe und Susi Weigel, arbeiteten für die Zeitschrift. Mira Lobe publizierte von 1953 bis 1960 die Serie „Was Pockerl erlebte“, eine Geschichte über einen Teddybären und einen Kasperl, eine Figur, die vor allem in Wien eine große Rolle spielte. Diese Geschichten wurden später unter dem Titel Bärli Hupf und Bärli hupft weiter veröffentlicht, wiederum illustriert von Susi Weigel.
Bereits 1946 erschien die Zeitschrift Kinderpost (bis 1959), begründet durch das Verlegerehepaar Hans-Fred und Gerda Handl. Diese Zeitschrift beeindruckte durch schön gestaltete Zeichnungen und hatte großen Erfolg, bis die UZ und Die Wunderwelt zur Konkurrenz wurden. So war im Heft Nr. 18 der Kinderpost am 15. September 1946 auch wiederum ein Puppenhaus das zentrale Thema. Unter dem Titel „Im lustigen Puppenhaus“ von Helene von Weilen tauschen sich die Bewohnerinnen und Bewohner des Häuschens, drei Puppen, ein Hündchen und ein Teddybär, miteinander aus. Sie beschließen, bis zur Rückkehr ihrer Puppenmutter, die in der Schule ist, ihr Häuschen sauber zu machen, träumen aber auch davon, gemeinsam Wanderungen zu unternehmen und möchten dann schließlich auch zur Schule mitgenommen werden, was ihnen die Puppenmutter aber nicht gestattet. Auch hier ging man von den vertrauten Identifikationsprozessen aus. Dabei wurde der Wunsch vieler Kinder, von den Eltern überall hin mitgenommen zu werden und dabei zu sein, auf Puppen und Teddys übertragen. Es wird hier ein Milieu gezeichnet, in dem Anpassung und Elternliebe wichtig sind und Töchter ihren Müttern Freude bereiten möchten. So war beispielsweise die Ausgabe zum 1. Mai dem Thema „Muttertag“ gewidmet, in der Helene von Weilen eine längere Geschichte verfasste. Es ging um eine Geschichte über das Mädchen Liesl und seine Puppe, in der man viel über kindliche Motive, psychische Konflikte und Nöte von Kindern bzw. Mädchen in schwierigen Lebensverhältnissen erfährt. Da in dieser Erzählung der psychische Druck der Kinder, sich zwischen den eigenen Bedürfnissen und den Erwartungen der Erwachsenen richtig zu entscheiden, anschaulich eingefangen wurde, soll sie hier exemplarisch kurz dargestellt werden:

Das Mädchen Liesl, das ihrer Mutter gerne eine Freude machen wollte, hatte jedoch kein Geld für Geschenke. Nicht einmal die Zutaten für einen Gugelhupf konnte es kaufen. Liesls einziges Spielzeug war ihre heißgeliebte Puppe. Als Liesl eines Tages in einem Gespräch zwischen ihrer Mutter und ihrer Freundin, die die Kinder Tante Anny nannten, hörte, dass die Tante verzweifelt eine Puppe für ihre kleine Tochter suchte, aber keine finden konnte, bot Liesl Tante Anny bei der nächsten Gelegenheit an, ihre Puppe für Butter, Zucker und Mehl eintauschen zu wollen. Tante Anny ging auf das Angebot ein und versprach, dafür einen wunderbaren Gugelhupf zu backen. Am nächsten Tag fiel es Liesls Mutter auf, dass die Puppe Gerda verschwunden war. Als sie Liesl darauf ansprach, weinte sie, gab aber keine Erklärung ab. Die Mutter bedauerte Liesl, denn sie glaubte, ihre Tochter hätte die Puppe verloren. Als sie am nächsten Samstag ihre Freundin Anny traf und fragte, ob sie denn endlich eine Puppe für ihre Tochter bekommen habe, zeigte ihr Anny glücklich Liesls Puppe, verschwieg jedoch die Herkunft. Liesls Mutter wollte die Puppe, die Gerda unglaublich ähnlich sah, unbedingt für Liesl haben, da ihr die Trauer von ,Liesl um die scheinbar verlorene Puppe naheging. Das wiederum ertrug Anny nicht und gab ihrer Freundin die Puppe für Liesl mit und meinte: „Da nimm sie, aber eines versprich mir. Du darfst nie denken, daß Liesl die Puppe aus Unachtsamkeit verloren hat und glaub mir, dein Mädl hat das beste und opferwilligste Herz. Es ist schön, so geliebt zu werden. Gib ihr die Puppe, dann hat die kleine Puppenmutter auch einen Muttertag – und den Kuß gib ihr noch extra von mir“. Mutti hatte verstanden, sie sprach nichts, denn über so schöne und heilige Dinge kann man gar nicht sprechen, aber wenn es möglich gewesen wäre, so hätte sie ihr kleines Mädel noch lieber gehabt als vorher. War das ein Muttertag! Strahlend brachte Liesl ihren Gugelhupf und stellte ihn vor Muttis Frühstückstasse. Und auf Liesls Platz da saß die heimgekehrte Puppe Gerda und streckte die Arme nach ihrer Puppenmutter aus. Und so feierten beide Mütter glücklich und lachend einen unvergesslichen Festtag (S. 2f).

Trotz aller Klischees wurde hier vorrangig tatsächlich das Schicksal eines armen Kindes im Nachkriegsösterreich in den Nachkriegsjahren geschildert. Es handelte sich dabei einmal mehr auch um ein typisches Mädchen-Schicksal, das heißt, es geht um die damals typischen weiblichen Werte von Pflichterfüllung und Opferbereitschaft.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen neben den Puppen auch Teddybären, für Jungen und Mädchen, einen wichtigen Platz als kindliche Begleiter ein. So ist in der Jubiläumsausgabe der Kinderpost, im Dezemberheft 1946, ein Gedicht von Friedl Augustin unter dem Titel „Der Utzi Bär“ abgedruckt, das mit folgenden Strophen beginnt:

Utzi ist ein Teddybär,
Klein-Lucie ist ein Mädchen,
Flachsblond sie, kaffeebraun er,
mit bernsteingelben Pfötchen,
Lucie spricht: „Mein Utzibär,
ich liebe dich unsäglich!“

Hundert Küsse, oft auch mehr
Bekommt der Schlingel täglich.
Reglos schweigt der Teddybär,
als könne er nichts spüren.
Heimlich aber schmunzelt er:
„Zu schön um sich zu rühren!“

Der als Kontrast zum Mädchen Lucie charakterisierte Teddybär (er kaffeebraun, sie flachsblond), wird heiß geliebt und genießt seine Rolle als verwöhnter Bär. Sein heimlicher Genuss wird den Leserinnen augenzwinkernd vermittelt, während dem Mädchen Lucie der Hintersinn ihres Bären mehr oder weniger verborgen bleibt.
Noch etwas später als Kinderpost und UZ kam schließlich 1948 Die Wunderwelt. Die Zeitung für unsere Kinder auf den Markt. Politisch gesehen stellte sie ein Gegenstück zu der im kommunistischen Verlag Globus verlegten UZ dar. Die Wunderwelt erschien bis 1986 in unterschiedlichen Verlagen. Märchen, Sagen, Geschichten mit dem Schwerpunkt auf Brauchtum und katholische Religion waren ebenso vertreten wie Bastelanleitungen, Ausschneidebögen, Bildgeschichten und Fortsetzungsgeschichten, die später oft in Büchern mündeten. Am beliebtesten und bekanntesten war wahrscheinlich die Figur Zwerg Bumsti, die in 465 Folgen dargestellt wurde. Zudem gab es in der Wunderwelt die Puppenschneiderin Lotti. Somit findet sich auch hier einmal mehr die Puppe als typische und selbstverständliche Begleiterin von Mädchen.

Fazit

Die exemplarisch hier herausgegriffenen Zeitschriftenbeiträge zeigen, dass Puppen und Teddybären ein wiederkehrendes Thema in den Kinderzeitschriften in diesen Jahren waren, die als wirtschaftlich und politisch unsichere Zeiten gelten. Dabei wurden Puppen in den hier herangezogenen Ausgaben ausnahmslos als Spielsachen der Mädchen dargestellt, während Teddybären auch den Buben oder beiden Geschlechtern zugeordnet wurden. Ausschließlich an Mädchen sind allerdings die häufig in den Zeitschriften zu findenden Ausschneidepuppen gerichtet, genauso wie es bei den Anleitungen für Puppenkleidung und Puppenaccessoires der Fall war. Puppenbezogene Bastelarbeiten hingegen, wie beispielsweise der Bau eines Puppenhauses, waren nicht per se geschlechtsspezifisch adressiert. Dennoch wird deutlich, dass Puppen ihre Bedeutung in den Lebenszusammenhängen der Mädchen haben. So werden nicht von ungefähr viele der jungen Leserinnen mit Puppen und/oder Puppenwagen, zuweilen als Statussymbol, abgebildet.
Ein Sonderthema stellt der Verlust der Puppe dar, der sich oft als traumatisch erweist. Dies gilt sicherlich nicht nur in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit, sondern ganz generell, wobei das Verlustthema der geliebten Puppen in Zeiten von Not und Mangel einen besonders belastenden Stellenwert hat. Interessant ist, dass selbst wenn nur wenig Geld für Spielzeug vorhanden war, Puppen dennoch in vielen Texten und Beiträgen für Mädchen als selbstverständliche Begleiterinnen dargestellt wurden. Dabei waren sie zum einen einfach nur ein Spielzeug unter anderen Spielsachen, zum anderen übernahmen sie aber wichtige Funktionen und boten als normative Identifikationsfiguren eine gewisse Sicherheit und Überschaubarkeit an, indem sie traditionell weibliches Rollenverhalten anpriesen und die Mädchen somit an die spätere Mutterrolle heranführten. Während Puppen somit eher Anpassung und Pflichtwerte vorgaben, zeigten Teddybären gelegentlich sowohl unangepasstes Verhalten als auch mehr Hintersinn. In ihrer Art der Akzeptanz kindlicher Fehlbarkeit ermutigen sie die Kinder – manchmal stärker als die eher „braven Puppen“ –, die Welt vielschichtiger wahrzunehmen. Nicht zu übersehen ist dabei generell, dass die Geschichten über Puppen oder Teddybären oft Informationen über die damaligen Lebensbedingungen liefern. Viele der geschilderten Mütter waren nach dem Krieg alleinerziehend, Väter waren häufig vermisst und die wirtschaftliche Not war nach dem Zweiten Weltkrieg allgegenwärtig.
In diesen kriegsbetroffenen Zeiten sind in allen hier herangezogenen Kinderzeitschriften unterschiedliche Funktionen von Puppen und Teddys erkennbar. So ging es darum, mit eher pädagogischem Duktus die Einübung traditioneller weiblicher Tugenden und ein entsprechendes Rollenverhalten anzupreisen, es ging aber auch um den Umgang der Kinder mit den normativen Erwartungen der Erwachsenen und um Fragen der Selbstbestimmung. Darüber hinaus wurden auch kindliche Nöte und psychische Bedürfnisse in unsicheren und schwierigen Zeiten angesprochen, ein Thema, bei dem nicht zuletzt Puppen und Teddybären eine wichtige Rolle als Stellvertreter oder Hilfs-Ich des Kindes zukam. Zusammengefasst lassen sich die folgenden vier Bereiche bei der Thematisierung von Puppen und Teddybären in diesen unübersichtlichen und belasteten Zeiten identifizieren:
(1) Bei den Bögen für das Ankleiden der Papierpuppen stand die Ausbildung des „guten Geschmacks“ für Mädchen im Vordergrund; so ging es darum, dass Mädchen lernen, wie wichtig es ist, immer gut und passend gekleidet zu sein. Aber nicht nur das: Anziehpuppen wurden auch zu Werbemitteln genutzt, um die Attraktivität der Zeitschriften zu steigern.
(2) Die Themen „Handarbeiten für Puppen“ sowie „Pflege der Puppe“ verwiesen auf die pädagogisch-normative Vorgabe, Mädchen dazu anzuleiten, gute Hausfrauen zu werden.
(3) In manchen Geschichten, wie beispielsweise in denen von „Piz und Pez“, übernahm ein Teddy die Rolle des „frechen“, Streiche spielenden Kindes. Der Teddy fungierte hier als Identifikationsfigur für die anderen und unangepassteren Bedürfnisse von Kindern; es ging um Übermut und Schabernack, um Kinderspaß, der durchaus auch mit der Erfahrung von Pech und Misserfolg einhergehen konnte. Insofern wurde mit dem Teddy das Spektrum kindlichen Rollenverhaltens oft erweitert und damit angedeutet, dass es beim kindlichen Verhalten nicht ausschließlich um Anpassung und Gehorsam gehen muss.
(4) Nicht zuletzt zeigen aber viele der Geschichten, gerade auch die, die von den Kindern selber an die Redaktion geschickt wurden, die Angst vor dem Verlust der geliebten Gefährten. Dies kann als Hinweis darauf gewertet werden, wie generalisiert die Verlustängste der Kinder in diesen Zeiten waren.
Wie in Kinderbüchern spielten Kuscheltiere und Puppen auch in den Kinderzeitschriften eine wichtige Rolle. Dabei kann man davon ausgehen, dass gerade bei den Zeitschriften die Bindung an die kindlichen Leser relativ stark war, da der Kontakt sehr unmittelbar hergestellt und aufrechterhalten wurde. Durch die fortlaufenden Geschichten entstand zumeist eine Vertrauensbasis, auf der die Figuren in den Geschichten eine Zeit lang zu wichtigen, lieb gewonnenen Begleitern der eigenen Entwicklung wurden. In einer Zeit, in der Einrichtungen wie Fernsehen und Internet unbekannt waren, bedeutete somit das Medium Kinderzeitschrift für lesende Kinder Anregung, Ermutigung, Trost und Verhaltensvorgaben. Über Puppen und Teddybären als Identifikationsfiguren gelang somit in politisch belastenden und bedrohlichen Zeiten eine psychische Stabilisierung aber auch ein Ausprobieren neuer Perspektiven und ein Blick in eine andere Welt.


[1] Die rassistische Konnotation dieser und ähnlicher Bezeichnungen wurde damals völlig ausgeblendet. Hier werden sie aus Gründen der Dokumentation des damaligen zeithistorischen Selbst- und Weltverständnisses in der Originalversion zitiert.

[2] Ausschneidepüppchen knüpften im Übrigen an eine lange Tradition an, denn erste Nachweise finden sich bereits im 18. Jahrhundert (vgl. Cave u. Ayad 2017, 58f).


Literaturverzeichnis

ARD (2009). Kriegskinder. Zugriff am 31.03.2009 unter: www.mdr.de/kriegskinder/vierteiler/teil3/

Cave, Roderick, Ayad, Sara (2017). Die kleine Fanny und andere Anziehpuppen. In Roederick Cave, Sara Ayad (Hg.), Die Geschichte des Kinderbuches in 100 Büchern (S. 58-59). Hildesheim: Gerstenberg.

Hall, Murray G. (2014). "Wo holst du dir das nächste Heft? Im nächsten Hammerbrot-Geschäft!“ Zu einem österreichischen Kinderblatt der 1930er und 1950er Jahre. In Ideologie. Libri liberorum. Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung, 15 (44), 43-51.

Heller, Friedrich C. (2008). Die bunte Welt. Handbuch zum künstlerisch illustrierten Kinderbuch in Wien 1890-1928. Wien: Christian Brandstätter.

Lukasch, Peter (2014). Deutschsprachige Kinder- und Jugendzeitschriften (2. Auflage). Norderstedt: Books on demand.



Über die Autorin / About the Author

Susanne Blumesberger

Mag., Dr.; Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft/Germanistik an der Universität Wien. Seit 2007 an der Universitätsbibliothek Wien tätig, ab Juli 2016 Leitung der Abteilung Phaidra – das digitale Langzeitarchivierungssystem der Universität Wien. 2015-2017 Universitätslehrgang „Library and Information Studies“ (MSc); Lehrbeauftragte der Universität Wien für Kinder- und Jugendliteratur. Seit 2013 Vorsitzende der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung (ÖG-KJLF); Zahlreiche Beiträge in in- und ausländischen Fachzeitschriften, Veröffentlichung des „Handbuch der österreichischen Kinder- und Jugendbuchautorinnen. Zwei Bände. Wien: Böhlau 2014 (open access verfügbar unter: http://phaidra.univie. ac.at/o:368988); Mitherausgeberin der Fachzeitschrift „libri liberorum“. Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung.

Susanne Blumesberger

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